Als er mit sechzehn Jahren in seinem Geburtsort Saitama im Fernsehen „Iron Chef“ sah, fühlte Ryôdô Kajiwara eine Art Berufung. „Als ich die da kochen sah, dachte ich mir: Ich will auch Koch werden!“ Erstaunlich für einen Jugendlichen, dessen Eltern weder Köche noch Feinschmecker sind, doch Ryôdô hatte seinen Weg gefunden.
Seine Karriere begann Kajiwara in Tokyo. Bis zum Alter von 25 Jahren machte er sich mit verschiedenen Küchen und Traditionen vertraut: mit der Mittelmeer-Küche, der Kunst der Sushis, der traditionellen japanischen „Kaiseki“-Küche[1] und auch der französischen Küche. „Ich hatte ziemlich schnell Lust, in Europa zu arbeiten, um dort auch neue Zubereitungstechniken zu lernen.“
Nach einer ersten Arbeitsstelle in Paris ließ er sich in Luxemburg nieder, wo er auch seine Frau kennenlernte. Ryôdô arbeitete zwölf Jahre lang in den prestigeträchtigsten Sterneküchen des Landes, um Erfahrung in der gehobenen Gastronomie zu sammeln und sich in verschiedenen kulinarischen Welten weiterzuentwickeln. „Diese Jahre waren eine sehr gute Schule, in denen ich insbesondere die europäischen Produkte, die ich nicht kannte, zubereiten lernte.“
An erstklassigen Referenzen fehlt es ihm nicht: Léa Linster, Mosconi, Le Fin Gourmand, Clairefontaine, Le Sud. Im Laufe seiner Karriere perfektionierte Ryôdô seine Küche weiter und eignete sich neue Kompetenzen an, beispielsweise in der Pâtisserie.
2016 nahm er am französischen Wettbewerb „Les Espoirs de Mougins“ teil und belegte dort unerwartet den zweiten Platz. Diese Anerkennung sollte ihm schließlich den Mut geben, sein eigenes Restaurant zu eröffnen.
Die Suche nach einem geeigneten Objekt sollte etwas dauern, doch Ryôdô konnte schließlich – nach intensiven Renovierungsarbeiten unter der Leitung der bekannten Architektin Marie-Paule Greisen, die einen speziellen Speisesaal im japanischen Stil kreierte – sein eigenes Restaurant in Luxemburg-Hollerich eröffnen.
„Ich hatte das Glück, von meinen ehemaligen Chefs unterstützt zu werden, die im Mosconi und Clairefontaine ihren Stammkunden von meinem Restaurant erzählten. Und dank dieser wertvollen Mundpropaganda begann sich unser Restaurant auch alsbald zu füllen.“
Von Anfang an war es klar, dass die japanische Gastronomie den Mittelpunkt seiner Küche bilden würde. „Ich hatte wirklich Lust, mein Wissen als japanischer Koch nach Luxemburg zu bringen.“ So definiert sich das Ryôdô am besten als japanisches Restaurant mit europäischen Einflüssen. „Wir bieten keine traditionelle japanische Gourmetküche oder Kaiseki an, wie man sie in Japan überall finden kann. Wir haben uns dazu entschieden, verschiedene Kulturen miteinander zu verbinden.“ Der Koch verspricht heute jedoch gerne europäische Gerichte mit japanischem Touch, wie seinen Matchatee-Schichtkuchen, wo Matcha den traditionellen Kaffee in der Ganache ersetzt, oder umgekehrt neue japanische Kreationen wie Reh in Panko-Panier mit Yakiniku-Sauce – in Japan wird nie mit Wild gearbeitet.
Die Frage, welches Produkt er am liebsten verarbeitet, beantwortet der Koch sofort und ohne zu zögern mit dem roten Thunfisch, den er hauptsächlich in Form von Sashimi und Temaki anbietet, wobei die hiesige Qualität der in Japan in nichts nachstehe, so der Koch.
In der Küche darf er auf nicht weniger als sieben Köche zählen. „Wir arbeiten nur mit frischen Produkten, die viel Zeit für die Vor- und Zubereitung erfordern.“
Ein Jahr nach der Eröffnung wurde Ryôdô Kajiwara von Gault & Millau Luxembourg mit dem Titel Koch des Jahres 2021 geehrt. „Diese Auszeichnung war eine echte Überraschung für mich! Ich bin sogar alleine zur Preisverleihung gegangen, weil ich absolut nicht erwartet hatte, selbst der Gewinner zu sein“, erinnert er sich lächelnd.
Der Koch hofft, seinen Kunden neue kulinarische Horizonte eröffnen und gleichzeitig in seiner Arbeit Regelmäßigkeit beweisen zu können. „Eine Auszeichnung zu erhalten ist eine Ehre, die es langfristig zu würdigen gilt.“
Kajiwara bekocht seine Gäste nicht nur mit Leidenschaft, sondern liebt es genauso, ihnen nach dem Essen die Geschichte seiner Gerichte zu erzählen, die von japanischer Tradition bis in die europäische Moderne reicht.
RYÔDÔ
5, Rue Raymond Poincare — L-2342 Luxembourg
Tel. +352 / 27 76 92 85