Es brauchte Zeit, bis aus Kakaobohnen eine Tafel Schokolade wurde. Die Geschichte vom Glück beim Trinken, dem Abbrechen und dem Biss in eine Hundertprozentige.
In der Alten Welt war die Schokolade ein feiner Trunk. Den heißen Kakao-Wasser-Mix servierten die Bediensteten in sündhaft teurem Porzellan den Damen und Herren der gehobenen Gesellschaft morgens, mittags und abends.Der flüssige Kinderfavorit, damals noch ohne Milch, war im 18. Jahrhundert Modegetränk des europäischen Adels und Luxusware zugleich.
Denn die Bohnen für die Prestigetassen kamen mit dem Segelschiff aus Mittelamerika, wo Bauern sie schon seit über 1.000 Jahren anbauten. Dort hatte sie der spanische Eroberer Cortés nach seinen Plünderungen im Aztekenreich Anfang des 16. Jahrhunderts gleich mitgeraubt und auch das Rezept für ein traditionelles Getränk erbeutet, das bereits die Mayas zu besonderen Anlässen genossen. Aus gemahlenem Kakao, Chili, Vanille oder Pfeffer mixten sie ihre „Xocolatl“, was übersetzt „bitteres Wasser“ heißt.
Süße Trinkschokolade für europäische Gaumen
Doch die Spanier verzogen ihre Gesichter. Für sie war das Gebräu viel zu bitter. Erst mit ordentlich Zucker oder Honig zum Süßen konnten sie dem Getränk
etwa abgewinnen.
Es dauerte bis 1847, ehe es erstmals Schokolade zum Abbeißen gab. In Bristol vermischten die Schokomeister das Pulver nicht mehr mit Wasser, sondern nahmen Kakaobutter. Gut, dass keine zwanzig Jahre früher dem Holländer Coenraad van Houten gelang, mit einer hydraulischen Presse die getrockneten Bohnen so zu zerlegen, dass sich die fettige Butter viel besser vom Rest trennte.
Die Schokoladenindustrie und der Kakaoanbau sind zu einem großen Business geworden, kontrolliert von internationalen Kartellen. Inzwischen beherrschen Firmen aus Ghana und der Elfenbeinküste den Rohstoffmarkt. Dort konzentrieren sich insgesamt 70 Prozent der Kakaoplantagen der Erde.
Die Schweiz ist Weltmeister im Schokoladenaschen mit einem statistischen Pro-Kopf-Verzehr von fast 10 Kilogramm im Jahr. In Luxemburg sind es 7,2 Kilogramm, was Platz 4 in Europa bedeutet.
Sortenreine Schokoladen gefragt
Unter Feinschmeckern gilt mittlerweile nicht die milchigste und cremigste Schokolade als besondere Leckerei, sondern die mit möglichst wenig Milch und gar keinem Zucker. Als Krönung des Genusses zählen sortenreine Schokoladen.
Die Scouts der Firma „Original Beans“ suchen in den abgelegensten Winkeln der Erde nach seltenen Kakaopflanzen. In den Nebelwäldern eines Naturreservates in Ecuador fanden sie die „Mono Bravo Arriba“-Bohnen, die zu den schokoladigsten Sorten gehören, die bekannt sind, und aufgrund des Fettgehaltes eine geschmeidige vegane Tafel ergeben. Das ist nicht nur ein Genuss für diejenigen, die sie essen, sondern auch für die Einheimischen, die damit ein gesichertes Einkommen erzielen. Auch die Natur um sie herum wird bereichert, denn für einen Teil des Erlöses pflanzen die Schokoladenmacher neue Bäume in den Regenwald.
Der schwierigste Job und eine Herausforderung zugleich ist, die Bohne für eine Hundertprozentige zu finden – eine Tafel Schokolade, die nur aus Kakao besteht. Dafür gingen die Foodhunter auf Wanderung und stiegen hinauf ins Urubamba-Tal im Süden Perus. Dort fanden sie in einer für Kakao ungewöhnlichen Höhe von mehr als 2.000 Metern Chuncho-Bäume. Die Schoten sind klein, die Bohnen winzig, manche wiegen nicht einmal ein Gramm. Dafür haben sie mit 55 % einen enorm hohen Fettanteil. Die Schweizer Schokomacher von „Original Beans“ schaffen es so tatsächlich, aus ausschließlich den Bohnen ihre „Cusco Chuncho“ anzubieten, eine Hundertprozentige. Sehr dunkel, sehr geschmeidig und
von edler Bitternis.
In einigen Anbaugebieten fragten sich die Bauern, warum sie eigentlich immer nur liefern und die Schokolade nicht selbst herstellen. Und so baut die Kakaogenossenschaft „Kallari“ im Amazonasgebiet des „Rio Napo“ in Ecuador nun nicht nur auf einer Art Streuobstwiese wie ihre Ahnen die Kakaobäume in Mischkultur mit Obst, Kräutern, Bananen und Paprika an, sondern macht aus der Ernte gleich ihre eigene Schokolade in
Bioqualität. Manche verfeinert mit Chili, Kaffee oder getrockneter Ananas.
Kreationen aus Luxemburg
Auch in Luxemburg gibt es erlesenste Naschereien aus einheimischen Manufakturen. Chefin Alexandra Kahn von „Genaveh“ aus Steinfort ist immer noch stolz auf die „Fingers“ aus ihrem Haus, lange runde Pralinen mit Sesam, Pistazie und einem Hauch Salz. Wunderbar auch der Aufstrich „Noisettes à Tartiner“ mit Kokosöl.
Das Haus Oberweis in Luxemburg-Stadt wartet gar mit einer Weltneuheit auf. Die Konditoren nehmen dazu den Fruchtsaft des Kakaos, der aus dem weißen Fleisch, in dem die Bohnen liegen, gewonnen wird und den das schweizerisch-ghanaische Startup „Koa“ presst. Bislang blieb das Fleisch weitgehend ungenutzt. Es muss sehr schnell gehen, da die Pulpe schon wenige Stunden nach dem Öffnen der Schale anfängt zu gären.
Der Saft schmeckt ein wenig nach Litschi, ein wenig nach Limette und Jeff Oberweis nennt ihn „Engelsanteil des Kakaos“. Die Luxemburger nehmen die besondere Zutat und machen damit Trüffel, Cakes, Sorbet, Törtchen und Macarons. Das Baiser-Gebäck, gefüllt mit einer Koa-Creme und Karamell, ist vegan, da zum Binden nicht Eiweiß, sondern Proteine aus Kichererbsen und Kartoffeln genommen werden.