Alles wird neu? Zumindest fast alles. Arnaud Magnier (51), Chef des Restaurants Clairefontaine im Herzen der Stadt Luxemburg, ist mit einem großen Plan ins neue Jahr gegangen: „Wir schmeißen alles raus. Wir schaffen ein völlig neues Interieur.“ Nur eins durfte bleiben, wie es seit 2001 war, als Arnaud Magnier gemeinsam mit Ehefrau Edwige das Clairefontaine von der Kochlegende Tony Tintinger übernahm: Die Küche. „Daran wird sich überhaupt nichts ändern. Ich werde keine neue Küche machen, die ich nicht beherrsche und die mir nicht entspricht.“
Die Möbel, das Geschirr und auch das rote Leder mussten also dran glauben. Die Holzvertäfelung, schon 1984 von Tony Tintinger bei einem elsässischen Schreiner in Auftrag gegeben, wird auch die zweite Renovierung in der Magnier-Ära überstehen: „Das ist wirklich eine außergewöhnliche Arbeit“, sagt der Chef. Ansonsten aber galt die Devise: „Wir werden jetzt sehr viel zeitgemäßer sein. Wir benutzen andere Materialien, um die Modernität unseres Hauses zu unterstreichen. Wir wollen, dass auch jüngere Gäste in unser Restaurant kommen.“
Ursprünglich hatte Arnaud Magnier die Renovierung für August 2020 geplant. Wegen des Corona-Lockdowns musste er die Arbeiten jedoch in den Januar 2021 verschieben. „Wir wollen ein anderes Image haben“, sagt er. „Wir hören zu, wir achten auf Bemerkungen unserer Gäste, wir sehen uns um.“ Und so habe man bemerkt, dass das Clairefontaine zwar als gutes Restaurant gelte, in dem alles in Ordnung sei und man auch sehr gut esse, aber „viele Leute finden, dass es nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist“. Deshalb also jetzt die Verschönerungskur.
„Wenn man in unserem Metier nicht Optimist ist, dann kann man auch gleich aufhören.“
Verändert hat sich das Clairefontaine immer wieder. Zu Tony Tintingers Zeiten wurde das Etablissement als „Kantine der Regierung“ bezeichnet, in der Großherzog Jean ebenso wie Premierminister Jean-Claude Juncker Stammgäste waren. „Das hat völlig aufgehört“, sagt Arnaud Magnier lächelnd. „Wir haben versucht, das Etikett loszuwerden, dass dieses Restaurant für Minister reserviert ist.“ Sechzig Prozent der Gäste seien mittlerweile Privatleute oder Touristen, vierzig Prozent Geschäftsleute. Zum Zählen der Regierungsveranstaltungen im Clairefontaine reichten heute die Finger einer Hand.
Das hat dem Ruf und der kulinarischen Qualität, die vom Guide Michelin unverändert mit einem Stern belohnt wird, keinesfalls geschadet. „Ich mache eine Küche, von der jeder sagt, sie sei klassisch“, sagt Arnaud Magnier. Er wisse, dass sie nicht hundertprozentig im aktuellen Trend liegt: „Aber es gibt eine große Zahl von Menschen, die diese Küche lieben.“ Eine „cuisine généreuse“ sei das. Fünf Mal im Jahr wechselt die Karte – die fünfte Jahreszeit ist die Trüffelzeit – und es gibt nur wenige Konstanten. Eine davon ist die gefüllte Bresse-Poularde. Sie ist den Gästen so lieb, dass er davon jährlich etwa eine Tonne verarbeitet. Eine weitere ist das Carpaccio de St Jacques, zu dem auch Trüffel gehören.
In Paris arbeitete er nach Lehrjahren bei anderen Sterneköchen unter anderem in der Küche des Élysée-Palasts sowie für und mit Bernard Loiseau. Den Wechsel in die Selbstständigkeit in Luxemburg hat er nie bereut. „Es gab harte Zeiten. Aber wir haben eine sehr treue Kundschaft und wir liegen mitten in Luxemburg. Es gibt nichts zu bedauern.“ Allenfalls, dass sich die Hauptstadt des Großherzogtums in den vergangenen zwanzig Jahren verändert hat. „Die Stadt ist schwierig geworden“, sagt er. Wo früher abends viele Menschen auf den Straßen gewesen seien, herrsche nun zu oft gähnende Leere. Und die großen Firmen und Banken seien auch nicht mehr im Stadtzentrum, Parkplätze seien oft rar: „Um bei uns zu essen, muss man das wirklich sehr stark wollen.“
Dennoch ist er zuversichtlich. „Wir werden schon durchkommen“, sagt er zu den coronabedingten Schließungen der Gastronomie. „Und wenn es eine Krise gibt, dann gibt es danach immer einen Neustart.“ Man tue gerade alles, um noch besser arbeiten zu können. „Wenn man in unserem Metier nicht Optimist ist, dann kann man auch gleich aufhören.“
Finden Sie Arnaud Magniers Master Class in der Frühjahrsausgabe des KACHEN Magazins!
Clairefontaine
9, Place de Clairefontaine — L-1341 Luxembourg
Tel. +352 / 46 22 11