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In Großküchen restefrei kochen? Nahezu unmöglich! Vor allem wenn die Anzahl der zu Bekochenden variiert, genauso wie Hunger und Appetit. Das übrig gebliebene Essen muss dennoch nicht in der Mülltonne landen.
Laut den Studienergebnissen aus dem Jahr 2018/2019 zum Thema „Aufkommen, Behandlung und Vermeidung von Lebensmittelabfällen“ des luxemburgischen Umweltamtes und Eco-Conseil sàrl wären insgesamt 40,5 % der rund 70.800 Tonnen Lebensmittelabfälle in Luxemburg vermeidbar gewesen. Im Falle der rund 7.100 Tonnen Lebensmittel, die allein in den Großküchen (Kantinen, Krankenhäuser, Schulen, Altenheime …) jährlich im Mülleimer landen, wären sogar 80 % davon vermeidbar. Aber wie? Im Westen ergreift man Initiative!
Zwei Gemeinden, ein Ziel!
In Tuntange und Hobscheid ist man auf den Kühlschrank gekommen. Zwei Ortschaften mit einem Ziel: frisch zubereitetes, einwandfreies, übrig gebliebenes Essen aus Großküchen vor dem Mülleimer zu bewahren. Die Gerichte werden am gleichen Tag externen Essern in einem 24/24 Stunden frei zugänglichen Kühlschrank zum Verkauf angeboten. In hygienisch einwandfreien Verpackungen mit gesetzlich verpflichtenden Aufklebern, die über die Inhaltsstoffe des Gerichtes informieren, landen Kartoffeln, Fleisch & Co. im gekühlten Regal im Dorf. Der Preis für eine Mahlzeit liegt bei drei Euro und die Erfahrungen sind positiv.
Pilotprojekt mit Folgen
Die Jugendherberge in Hollenfels machte 2019 den Anfang. Mit Unterstützung der Gemeinde Helperknapp und des Ministeriums für Landwirtschaft, Weinbau und ländliche Entwicklung wurde in Tuntange (eine Ortschaft in der Gemeinde Helperknapp) ein Kühlschrank installiert. Bis heute steht der Selbstbedienungsschrank in der Rue de Hollenfels und wird tagsüber mit den übriggebliebenen Menüs aus der Jugendherberge befüllt. Zu Beginn waren es noch etwa 15 Menüs pro Tag, mittlerweile sind es täglich etwa 25. Seit Ende 2022 stammen die Gerichte auch aus der Küche des Campus Helperknapp. Die Bezahlung erfolgt auf Vertrauensbasis. Neben dem Kühlschrank steht eine Einwurfbox für die Geldmarken, die man im Gemeindesekretariat bekommt. Seit der Inbetriebnahme im September 2019 wurden so etwa 4.900 Portionen oder, anders ausgedrückt, rund 2 Tonnen einwandfreie Lebensmittel vor der Mülltonne bewahrt. Die Nachfrage der Menüs ist groß. So groß, dass ein zweiter Kühlschrank in Brouch für den Sommer 2023 in Planung ist.
Verstärkung in Hobscheid
Andere Gemeinde, gleiches Prinzip. Anfang November 2022 steht nun auch ein Anti-Gaspi-Kühlschrank in Hobscheid. Genauer gesagt beim Kreisverkehr in der „Hënneschtgaass“. Auf der Homepage der Gemeinde kann man das wöchentliche Menü abrufen – hier wird auch die Anzahl der wochentags gelieferten Menüs angezeigt. Ziel dabei ist es, dem Kunden auch zu veranschaulichen, dass nicht extra gekocht wird, um den Kühlschrank zu füllen, sondern dass nur Übergebliebenes in den Schrank kommt. Etwa vier Monate hat es in Hobscheid gedauert, um die Idee umzusetzen. Das Kühlschrankhaus aus luxemburgischem Holz ist in Eigenregie entstanden, der Kühlschrank selbst ist gemietet. Mit im Mietpreis enthalten sind die Instandhaltungsarbeiten.
Kühlschrankbilanz
In beiden Gemeinden lief die Entwicklung von der Idee bis zur Umsetzung ohne große Stolpersteine. Es braucht vor allem ein gut durchdachtes Konzept, die Genehmigungen und die Unterstützung der Gemeinde sowie die Vorkehrungen zur Einhaltung der Lebensmittelsicherheit und Hygiene. In Hobscheid zeigt sich aktuell ein relativ neues Phänomen seit der Einführung der kostenlosen Kinderbetreuung in den Maison Relais. Tendenziell werden Kinder immer öfter nicht abgemeldet, wenn die Betreuung nicht in Anspruch genommen wird. Dieses Verhalten erschwert natürlich ein möglichst restefreies Kochen in der Großküche und dies gilt es weiter zu beobachten.



Bilder: Ministry of Agriculture, Viticulture and Rural Development (Luc Pesch) & Municipality Hobscheid