In den Innenstädten Europas breitet sich seit ein paar Jahren ein neues Phänomen aus: Der „Candy-Store“ Boom. Es sind Grellbunte Geschäfte, die mit süßen Schokoriegeln aus den USA, japanischen Keksspezialitäten oder indischen Zuckerbohnen vor allem junge Käufer in Scharen anziehen. Wo kommt der ganze Wirbel um die Süßwarenläden her, und was treibt diesen Hype an?
Candy Stores erobern Europas Innenstädte
Wo große Kaufhäuser und Franchise-Ketten, die über Jahrzehnte hinweg die Verkaufsstraßen der Innenstädte dominiert haben, nach und nach schließen müssen, tun sich an jeder Ecke neue und kreative Unternehmungen auf. Im Angesicht der Konkurrenz von Online-Versanddiensten, muss der physische Einzelhandel neue Wege gehen und neue Konzepte und Trends entdecken. Einer dieser neueren Trends befindet sich bereits seit ein paar Jahren in Aufschwung, und hat sich bereits in vielen Städten Europas durchgesetzt: Die sogenannten „Candy-Stores“.
Hierbei handelt es sich um Süßwarenläden, die neben den herkömmlichen Herstellern vor allem Importware aus Amerika und Asien anbieten. Wichtig ist aber vor allem die Aufmachung des Ladens selbst: Knalliges Orange, Lila, Rot und Gelb, Neonfarben, Streifen- und Zackenmuster, Pfeile und große Schriftzüge. Alles erinnert ein wenig an die schrullige Welt von Willy Wonkas Schokoladenfabrik. Und genau wie Wonka (oder zumindest dessen Erfinder Roald Dahl) stammt der Hype um die Süßwarenläden aus England. Dort gibt es vor allem eine erstaunlich hohe Nachfrage für Süßwaren aus den Vereinigten Staaten. Unzählige Leuchtreklamen mit Titeln wie „American Candy Land“, „American Sweet Dreams“ oder „Kingdom of Sweets“ schmücken seit einigen Jahren die Einkaufspassagen in Städten wie London, Oxford oder Brighton. Bei unseren deutschen Nachbarn boomt das Geschäft mit dem Süßkram ebenfalls. In der Kölner Hohen Straße, nahe dem Dom, gibt es gleich fünf solcher „Candy-Stores“ auf kürzester Distanz.
Verkauft werden hier zum einen die bekannten großen Hersteller wie Haribo oder Ferrero, die eigentlich auch im hiesigen Supermarkt zu haben sind. Es sind aber vor allem importierte Marken, wie die US-Amerikanischen Hersteller Hershey’s oder Reese’s die sich großer Beliebtheit erfreuen. Beliebt sind auch neue Variationen bereits bekannter Produkte, wie zum Beispiel Kit-Kat Riegel aus Japan in den Geschmacksrichtungen grüner Tee, Banane und Meeresfrüchte.
Warum Candy Stores boomen
Eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des neuen Trends spielte die Kurzvideoplattform TikTok. Für ein erfolgreiches TikTok-Video geht es vor allem darum, in kürzester Zeit möglichst viel Aufmerksamkeit und Interesse zu generieren. Diesem Ziel spielen die schrillen Läden und deren Ware mit den bunten Farben, ausgefallenen Formen und Schlagwörtern perfekt in die Karten. Süßigkeiten sind nun mal auch immer was fürs Auge.
Man könnte beinahe denken, in den Süßigkeitenläden würde mehr fotografiert und gefilmt als gekauft. Einige Läden sind sich dessen völlig bewusst und man nimmt die kostenlose Reichweite dankend mit, indem man Selfie-Spots im Laden integriert.
Das wachsende Interesse an diesen Läden könnte auch mit dem sogenannten „Lipstick-Effect“ zusammenhängen. Dieser besagt, dass Verbraucher in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eher dazu neigen, sich mit kleineren Luxusartikeln zu verwöhnen. Dies würde auf jeden Fall eine Erklärung für all jene bieten, die sich fragen, warum man übermäßig viel Geld für importierte Schokolade aus den USA bezahlt, wenn es ein ähnliches Produkt für die Hälfte des Preises auch im Supermarkt gibt.
Die Süßwarenlandschaft in Luxemburg
Auch hier in Luxemburg blieb man von diesem neuen Trend nicht unberührt. Wer in den letzten Jahren durch die Einkaufsstraßen der Ville-Haute spaziert ist, dem ist vielleicht schon der ein oder andere „Candy Store“ ins Auge gesprungen.
Die „Candy Factory“ in der Av. de la Porte Neuve bietet vor allem importierte Süßwaren aus den USA und Japan an. Es gibt nicht nur süßes, sondern auch salzige Snacks wie Kartoffelchips in allen möglichen Geschmacksrichtungen sowie allerlei importierte Softdrinks. Besonders gut verkaufen sich Produkte mit Lizenzen aus Popkultur, Film und Fernsehen, wie beispielsweise Zaubertranklimonaden von Harry Potter oder Pokémon Frühstücksflocken.
Das Who is Who der Luxemburger Influencer- und TikTokszene war natürlich schon längst vor Ort, um sich vor der bunten Kulisse abzulichten.
Fernab von bunten Tapeten und großen Firmenlogos gibt es noch eine traditionellere Alternative im Süßwarengeschäft. Im Centre Brasseur in der Luxemburger Oberstadt gibt es seit über 15 Jahren den kleinen Laden „Lakri-Lux “ (ehem. „Bärenland“). Hier findet man keine Importware, sondern traditionellere Süßigkeiten wie Fruchtgummis, Lakritzstangen und Gummibärchen. Das Innendesign ist eher schlicht gehalten, das Angebot weniger schrill und ausgefallen. Was für TikTok und Social Media vielleicht weniger tauglich ist, ist für viele eingefleischte Zuckerjünger jedoch ein wahres Paradies. Da die Ware nicht aus Übersee importiert wurde, freut sich hier natürlich auch das Portemonnaie.
Letzten Endes bleibt es jedem selbst überlassen, was er bevorzugt. Es ist jedenfalls schön zu sehen, dass der ganze Wirbel um den Süßkram die Innenstädte am Leben hält.
Etwas Süßes zwischendurch kann jedenfalls nie schaden. Zucker macht sogar glücklich, man sollte es bloß nicht übertreiben!
Bild: Candy Factory