Hartweizengrieß, Wasser und bisweilen ein Ei – mehr braucht es nicht, um eines der beliebtesten Gerichte der Welt zu zaubern: Pasta. Doch wie kommt es, dass ein so simples Produkt die Küche so vieler Menschen erobert hat?
Haben Sie bei einem romantischen Candle-Light-Dinner jemals an Kartoffeln gedacht? Dagegen ein Teller dampfende Pasta, gekrönt von einem fruchtig-frischen Sugo und einem Glas Rotwein dazu – einfach verführerisch. Pasta ist Poesie für den Gaumen, streichelt die Seele, weckt italienisches Lebensgefühl. Besänftigende Bilder aus dem Sehnsuchtsland südlich der Alpen ziehen vor dem inneren Auge auf: Die Nonnas, die Sonntag morgens hingebungsvoll den Nudelteig kneten, die Familia, die gemeinsam am Tisch um den großen Nudeltopf sitzt, die kleine Trattoria aus dem letzten Sommerurlaub. Pasta transportiert Emotionen wie kaum ein anderes Gericht.
Das Mutterland der Nudel
Die Nudel gehört zu Italien wie das Salz in die Suppe. Da mutet es beinahe befremdlich an, dass die Wiege der begehrten Teigspezialität nicht in Italien, sondern im fernen Osten stand. Ein bahnbrechender Fund im Jahre 2005 beendete einen uralten Streit zwischen den Nationen: Archäologen gruben in China einen rund 4.000 Jahre alten Topf aus, auf dessen Boden noch Nudelreste aus Hirseteig klebten. Die Theorie, dass erst der Weltreisende Marco Polo im 13. Jahrhundert die Nudel von dort nach Italien brachte, ist inzwischen aber ebenso widerlegt. Forscher fanden in italienischen Gräbern aus dem 4. Jahrhundert Zeichnungen von Geräten, die der Nudelherstellung dienten. Daher sind sich Historiker heute einig, dass die begehrte Teigspezialität wohl an mehreren Orten unabhängig voneinander erfunden wurde. Fakt ist jedoch, dass die Nudel erst in Italien ihren Kultstatus erlangte und von dort aus ihren Siegeszug in die restliche Welt antrat. Heute begegnet sie uns am heimischen Herd ebenso wie im Schnellimbiss oder im Gourmetrestaurant.
Weltweit beliebt
Auch wenn die Nudel von Ägypten bis Argentinien, von Frankreich bis Südkorea regelmäßig auf den Tisch kommt, ist Italien nach wie vor Pastaland Nummer eins. Laut IPO (International Pasta Organisation) gönnen sich die Italiener jährlich satte 23,5 kg pro Kopf. An zweiter Stelle stehen die Amerikaner mit 9 kg, direkt gefolgt von den Franzosen und Deutschen mit immerhin 8 kg pro Jahr. Das zurückliegende Corona-Jahr hat den Verbrauch zusätzlich angekurbelt – nicht zuletzt sichtbar an den leeren Nudelregalen in den Supermärkten. Einer der Gründe dürfte sicher sein, dass sich die Trockenteigware so unkompliziert lagern lässt. Doch viel wichtiger ist ihre besondere Gabe, sich aufs Vortrefflichste mit fast jeder anderen Zutat zu verbinden. Mit wenigen Kniffen entstehen facettenreiche Leckerbissen wie Tagliatelle mit Zucchini-Lachs-Sauce, Orecchiette mit Erbsen und Pancetta oder Spaghetti mit Avocadosauce und Garnelen. Und das gleiche Gericht kann mit einer anderen Pasta-Sorte wieder komplett anders schmecken.
Traumpaar: Pasta und Sugo
Welche Sauce perfekt zu welcher Pasta passt, ist übrigens eine Wissenschaft für sich. Und fast jedes italienische Dorf hat seine eigenen traditionellen Versionen. Pasta-Aficionados kombinieren feine, cremige Saucen mit dünnen Nudeln wie Spaghetti oder Linguine. Grobe Saucen wie Bolognese harmonieren dagegen eher mit großen, breiten Nudelformen wie Rigatoni oder Tagliatelle. Den bei uns allzu beliebten Klassiker Spaghetti Bolognese wird man also auf einer original italienischen Speisekarte eher selten antreffen – es sei denn, das Lokal ist auf Touristen eingestellt. Ein ebenso großer Fauxpas ist es, die Sauce erst auf dem Teller über die Nudeln zu geben. Die Pasta muss direkt nach ihrer Kochzeit in der Sauce geschwenkt werden. Nur dann gehen die beiden eine innige Liaison ein. Dabei gilt der Grundsatz: die Sauce wartet auf die Nudeln – nicht umgekehrt! Aber Vorsicht: wenn Koch oder Köchin dem Nudelwasser vorher Öl beigesetzt haben, haftet die Sauce nicht gut. Besser ist es, die Nudeln beim Kochen mit einer Gabel umzurühren, um Verklebungen zu lösen.
Oft praktiziert wird hierzulande das Abschrecken der Nudeln. Das sollten Pasta-Liebhaber besser sein lassen. Dabei wäscht sich nämlich der Stärkemantel der Nudeln ab und die Soße verbindet sich weniger gut mit den Nudeln. Das Pastawasser ist übrigens ein toller Saucenbinder. Das liegt an der Stärke, die sich beim Kochen aus den Nudeln löst. Wer eine Portion davon zur Sauce gibt, verleiht ihr eine cremige Konsistenz.
Aber bitte mit Biss!
Wie lange die Nudeln letztendlich im Kochwasser verbleiben, hängt vom persönlichen Geschmack ab. Überliefert ist, dass die Pasta ursprünglich extrem weich gekocht wurde – bis zu einer Stunde. Das änderte sich erst im 16. Jahrhundert, als Neapels findige Straßenhändler dazu übergingen, ihre Ware „al dente“ (übersetzt „für den Zahn“) zu servieren. Je kürzer die Kochzeit, desto größer der Umsatz – so einfach und gewinnbringend war ihre Rechnung. Fakt ist auch, dass die Pasta länger satt macht und sich weniger auf den Hüften absetzt, wenn sie al dente gekocht ist. Denn der Körper braucht dann länger und wendet mehr Energie auf, um die komplexen Kohlenhydrate aufzubrechen.
Wer seinen Essensplan noch mit einer Extraportion Ballaststoffe anreichern möchte, sollte einmal die Varianten aus Hülsenfrüchten probieren. Pasta aus Kichererbsen oder Linsen sättigen lange, sind eiweißreich und kurbeln die Verdauung an. Sie sind auch ein idealer Ersatz für alle Menschen, die kein Gluten vertragen.
Das zeigt einmal mehr, wie vielseitig Pastagerichte sein können. Zu guter Letzt sei erwähnt, dass es über 600 verschiedene Nudelsorten gibt. Und darunter finden sich bestimmt etliche Variationen, von denen selbst so mancher Italiener noch nie etwas gehört hat.